Der Stadtrat von Islington setzt sich seit vielen Jahren für die Reduzierung von Kohlenstoffemissionen ein und hat den Klima-Notstand ausgerufen. In der entsprechenden Erklärung hat er sich dazu verpflichtet, auf ein Netto-Null-Ziel bis 2030 hinzuarbeiten, d. h., CO2-neutral zu werden. Um dieses Ziel – zum Wohle seiner Einwohner – zu erreichen, ergreift Islington Maßnahmen, um die Bürger mit günstigerer und umweltfreundlicherer Energie zu versorgen.
Zu diesen Maßnahmen gehört das wirklich revolutionäre Bunhill 2 Energy Centre, das erste seiner Art weltweit. Dieses Energiezentrum ist eine echte Blaupause dafür, wie Abwärme aus öffentlichen Einrichtungen (im konkreten Fall aus der Londoner U-Bahn) genutzt werden kann. Durch die Heiz- und Warmwasserversorgung von Privathaushalten, einer Schule und Freizeitzentren in Islington wird Energie gespart, der Kohlenstoffausstoß verringert und die Luftqualität verbessert. Außerdem können sich die Bewohner Islingtons, die von dem Projekt profitieren und von denen viele unter Energiearmut leiden, über niedrigere Heizkosten freuen.
Bunhill 2 Energy Centre – Außenansicht (Foto: Stadtrat Islington)
Das neue Energiezentrum nutzt modernste Technologie auf dem Gelände einer Londoner U-Bahn-Station, die seit fast 100 Jahren stillgelegt ist. Die Überreste des früheren Bahnhofs City Road wurden in ein riesiges unterirdisches Luftabsaugsystem umgewandelt, das warme Luft aus den darunter liegenden Tunneln absaugt. Die Tunnel werden von der Northern Line der Londoner U-Bahn genutzt.
In enger Zusammenarbeit mit dem Islingtoner Stadtrat, der Verkehrsbehörde Transport for London (TfL) und dem Hauptauftragnehmer Colloide Engineering Systems installierte GEA eine 1000-kW-Ammoniak-Wärmepumpe in einem Container auf Straßenhöhe.
– Paddy McGuinness, Geschäftsführer von Colloide Engineering Systems
Die Wärmepumpe gewinnt die Energie aus der warmen Abluft der U-Bahn-Tunnel. Die etwas kühlere Luft wird an die Umgebung abgegeben und die Energie wird zur Erwärmung von Wasser durch die Wärmepumpe verwendet. Dieses Wasser wird dann durch ein 1,5 km langes Netz von Fernwärmeleitungen zu den Gebäuden in der Nachbarschaft gepumpt, um diese zu heizen.
Die von GEA für das System entwickelte und hergestellte Wärmepumpe besteht aus einem kombinierten Verdampfer-Abscheider-System, drei Verdichtern und vier Wärmetauschern im Heizkreislauf. Die Wärmetauscher optimieren den Heizkreislauf nach Kriterien, die auf dem Rückführen des Heizwassers bei 55 ˚C und dem Einspeisen mit bis zu 80 ˚C basieren.
Installierte GEA Wärmepumpe im Bunhill 2 Energy Centre zur Nutzung der Abwärme aus dem Londoner U-Bahn-Netz
Laut Kenneth Hoffmann, Produktmanager für Wärmepumpen bei GEA Refrigeration Technologies, gab es während des Projekts viele Herausforderungen bei der Auslegung des Systems. Dazu zählten umfangreiche Tests, um sicherzustellen, dass Staub und Schmutz, die in die Ventilationsluft gesaugt werden, die Wärmetauscherspule nicht verstopfen würden. Kenneth Hoffmann erläutert dies wie folgt: „Die Wärmepumpe musste für das Fernwärmenetz von Bunhill Warmwasser mit einer Temperatur von bis zu 80˚C liefern. Wir setzten auf zweistufige Kolbenverdichter, kurz ‚Kolben‘, um eine Leistungszahl (COP) bzw. einen Wirkungsgrad der Wärmepumpe von über 3,5 zu erreichen. Wegen der direkten Lage neben einem Wohngebäude umfasst die Anlage auch Wäschertechnologie, um die Ventilationsluft im Anlagenraum zu filtern. Damit soll für den sehr unwahrscheinlichen Fall, dass eine kleine Menge des natürlichen Kältemittels Ammoniak in den Anlagenraum entweicht, verhindert werden, dass die Anwohner dem Ammoniak in der Luft ausgesetzt werden. Denn dieser wird zunächst vom Wäscher absorbiert, bevor es zu einer Freisetzung kommt.“
Paddy McGuinness merkt an, warum diese Lösung gewählt wurde: „Colloide war an einer Vielzahl von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energien beteiligt. Colloide arbeitete bei diesem Projekt aus gutem Grund mit GEA zusammen: wegen seiner Kenntnisse im Bereich Ammoniak-Kälteanlagen und Wärmepumpentechnologie. Nach GEAs Erfahrung arbeiten 95 Prozent der in den letzten 10 Jahren installierten industriellen Kälteanlagen auf Ammoniakbasis. Durch den zunehmenden Druck auf die Endverbraucher, Energiekosten zu senken, hat sich das Interesse an Ammoniak-Wärmepumpen stark erhöht.“
„Wärmepumpen sind viel umweltfreundlicher als Gaskessel, insbesondere in Großstädten, da sie keine Stickoxide (NOx) ausstoßen. Wärmepumpen führen daher zu saubererer Luft in den Städten und zahlen sich auch finanziell aus. Zudem ist Ammoniak ein natürliches Kältemittel, das nicht zur globalen Erwärmung beiträgt“, so Kenneth Hoffmann.
Mit dem Bunhill 2 Energy Centre werden weitere 550 Haushalte und eine Grundschule an das bestehende Fernwärmenetz Bunhill Heat and Power, 2012 vom Stadtrat Islington an den Start gebracht, angeschlossen. Das Netz versorgte bereits zwei örtliche Freizeitzentren und mehr als 800 Haushalte Tag für Tag mit günstigerer, umweltfreundlicherer Wärmeenergie, aber durch das neue Energiezentrum kann das System nun sogar bis zu 2.200 Haushalte versorgen. Die Heizkosten für die an das Netz angeschlossenen Bewohner sinken im Vergleich zu anderen bestehenden kommunalen Heizsystemen, die etwa halb so viel kosten wie eigenständige Systeme zum Beheizen einzelner Haushalte, um 10 Prozent. Also ein echter Gewinn für die Umwelt, für die Bewohner und für Islington, das der Energiearmut ein Ende setzen möchte.
Die nahe gelegene Moreland-Grundschule war die erste Schule, die an das Netz angeschlossen wurde, das bereits das Schwimmbad und Einrichtungen im Ironmonger Row Bath und Freizeitzentrum Finsbury versorgt. Colloide hat zudem Initiativen auf den Weg gebracht, um die Jugendlichen in der Umgebung zu fördern, und ist mit lokalen Schulen, Colleges und Universitäten in Verbindung getreten. So sollen Möglichkeiten für Praktika und Betriebsbesichtigungen geschaffen werden, um die Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern und gleichzeitig den Glauben der ansässigen Kinder an den Bezirk Islington zu stärken.
Das Heizsystem ist besonders umweltfreundlich, da es Wärme wiederverwendet, die sonst verschwendet würde. Die Versorgung der angebundenen Haushalte und öffentlichen Einrichtungen mit der aufbereiteten Abwärme wird dazu beitragen, die CO2-Emissionen um rund 500 Tonnen pro Jahr zu reduzieren.
- Shaun Hannon, Vertragsmanager bei Colloide
Das Prinzip der Wärmerückgewinnung durch Wärmepumpen kann sowohl in London als auch in U-Bahn-Netzen auf der ganzen Welt angewandt werden. Beispiel London: Hier werden Untersuchungen von den mehr als 150 Lüftungsschächten aufzeigen, welche für die Rückgewinnung von Abwärme in Frage kommen. Dank seiner Wärmepumpentechnologie und der Erfahrungen aus dem bahnbrechenden Projekt Bunhill 2 ist GEA zum bevorzugten Partner in diesem Bereich aufgestiegen. Nehmen wir die weltweit vorhandenen U-Bahn-Netze als weiteres Beispiel: Auch hier bietet die Wärmepumpentechnologie von GEA ein enormes Potenzial für die Wärmerückgewinnung und damit für den Umwelt- und Klimaschutz.
Beginn: 2017
Fertigstellung: 2019
Gebäudenutzfläche: 617 m²
Vertrag: JCT Design and Build Contract
Architekt: Cullinan Studio (Entwurf)
McGurk Chartered Architects (Durchführung)
Auftraggeber und Projektleiter: Islington Borough Council
Zentraler Lieferpartner: TfL
Bauingenieur: Ramboll (Entwurf), McMahon Associates (Durchführung)
Monitoring und Evaluation: Ramboll
QS: Gleeds
Landschaftsgestalter: J&L Gibbons
CDM-Koordinator: AECOM
Bauaufsicht: Islington Building Control
Hauptauftragnehmer Entwurf und Konstruktion: Colloide Engineering
Künstler: Toby Paterson
Wärmepumpensystem: GEA (Konstruktion, Herstellung und Installation)
Prüfung und Inbetriebnahme: Topic Plan
Projektberater: Inner Circle Consulting
Lichtrecht: Right of Light Consulting
CAD-Software: MicroStation, Revit