In der mittelständischen Regionalbrauerei mit einer Jahresproduktion von 50.000 Hektolitern arbeiten Dinkelaker und sein Braumeister Gustavo „Gustl“ Tresselt gemeinsam daran, ihrem Bier „ein Zuhause zu geben“ und die feinsten Geschmacksnuancen herauszukitzeln, um hervorragende – und zwar konstant hervorragende – Ergebnisse zu erzielen. Und nach einem Besuch bei GEA auf der BrauBeviale 2016 probierte Tresselt – sichtlich angetan – ein alkoholfreies Weißbier der Klosterbrauerei Andechs, das mit der GEA AromaPlus-Anlage entalkoholisiert worden war. Die Idee für ein selbstgebrautes Alkoholfreies war geboren!
„Andechs war unser erster Kunde in Deutschland, der mit Hilfe der Umkehrosmose ein Bier mit den AromaPlus-Dünnschicht-Polymermembranen entalkoholisiert hat. Dieses Projekt war von Anfang an sehr erfolgreich und hat uns geholfen, unsere Aroma-Botschaft in die Welt zu tragen“, so Ralf Scheibner, Fachmann für Membranfiltration von GEA.
AromaPlus-Anlagen, die inzwischen bei Kunden in den USA, Belgien, Deutschland und Großbritannien im Einsatz sind, stehen thermischen Verfahren wie dem Eindampfen zum Ethanolentzug aus dem Bier in Sachen Effizienz in nichts nach. In puncto Aromaverlust aber haben sie die Nase vor. „Im Grunde macht man ein Bier kaputt, wenn man Alkohol durch thermische Verfahren entzieht, und baut es dann neu zusammen“, erklärt Scheibner. „Für GEA ist die Umkehrosmose ganz klar das beste Verfahren, um ein unverfälschtes Bier mit originalen Aromen herzustellen.“
Tresselt bekräftigt, dass sich der Zusatz von Zucker, Würze oder anderen Zutaten zur Geschmacksverbesserung nach der technischen Entalkoholisierung bei Schönbuch verbietet. Er verändert lieber die Rezeptur des Mutterbiers: „Alkoholfreies Bier soll ein isotonisches, gesundes Getränk sein“, sagt er, „kein neues, künstlich gebautes, süßes Kunstprodukt. Wir wollen ein echtes Bier.“
Die Umkehrosmose arbeitet mit Filtrationstemperaturen von circa 10 °C und setzt das Bier deswegen auch keinem thermischen Stress aus. Die Verbundmembranen lassen nur Wasser und Alkohol passieren, sodass wichtige Bestandteile für Aroma, Farbe und Trübung erhalten bleiben. GEA verwendet Dünnschicht-Polymermembranen, weil sie eine höhere chemische Beständigkeit aufweisen als die ursprünglich für die Entalkoholisierung verwendeten Celluloseacetat-Membranen.
Die in Böblingen installierte Umkehrosmoseanlage arbeitet im Batch-Betrieb, wobei das Lager- oder Weizenbier über den Drucktank und die Membraneinheit zirkuliert. Die Entalkoholisierung erfolgt dabei in mehreren Schritten: Bei der Vor-Konzentrierung wird das traditionell gebraute Bier aus einem Drucktank auf die Anlage gefahren und das Volumen reduziert. Ethanol und Wasser werden durch die Membranen gedrückt, während die Inhaltsstoffe auf der Bierseite verbleiben. Anschließend wird dem Prozess im Diafiltrationsschritt kontinuierlich entgastes Wasser zugeführt, um weitere Volumenverluste auszugleichen, bis der gewünschte Restalkoholgehalt erreicht ist. In der dritten Stufe wird das entalkoholisierte und konzentrierte Bier mit entgastem Wasser auf den gewünschten Extraktgehalt verdünnt. Der Alkoholgehalt liegt dann bei circa 0,4 Prozent.
Nach der BrauBeviale 2016 machten sich Tresselt und Scheibner auf den Weg ins GEA Technikum in Karlsruhe, um Versuche mit den alkoholfreien Schönbuch-Bieren zu fahren. Für den Braumeister gab es von da an nur noch den Weg nach vorn: die Geschäftsführer für diese Investition zu gewinnen. „So schnell bin ich noch nie zu einem Vertragsabschluss gekommen“, staunt Scheibner.
Ralf Scheibner, Membranfiltrationsspezialist, GEA
Im Frühjahr 2018 war die AromaPlus-Anlage aufgestellt und in Betrieb, offiziell eingeweiht wurde sie im Mai 2019. „Mein Ziel ist es, unser glückliches Erbe verantwortungsvoll in die Zukunft zu führen – für die Familie, für die Mitarbeiter und auch für die Region ein Vorzeigebeispiel zu sein“, wünscht sich Dinkelaker. Er sieht den boomenden Markt für alkoholfreies Bier als Chance, einen größeren Kundenkreis zufrieden zu stellen, darunter Sportler, Schwangere und andere Menschen, die keinen Alkohol trinken.
„Wir waren anfangs ein wenig besorgt, unsere Kunden mit alkoholfreiem Bier zu vergraulen“, räumt Dinkelaker ein. Aber das Absatzplus von 17 Prozent allein im ersten Quartal 2019 ließ alle Sorgen vergessen. „Jetzt erhält die Brauerei jeden Tag begeisterte Kommentare zum alkoholfreien Bier. Wir planen jährlich 3.000 Hektoliter an Produktion für unsere beiden alkoholfreien Sorten. In heißen Sommern können es auch 3.500 Hektoliter werden“, ergänzt Tresselt. Beim alkoholfreien Weizen vom Fass geht Dinkelaker von 30 Prozent Absatzzuwachs in den nächsten fünf bis zehn Jahren aus. Beim Bier, das einfach nur glücklich macht.
Membranfiltrationstechnologie für entalkoholisiertes Bier