Wie die Technologie Mikroorganismen überlisten kann, um sichere Nahrungsmittel für alle zu gewährleisten

30 May 2022

Nahrungsmittelsicherheit

Viele von uns halten die Sicherheit unserer Nahrungsmittel für selbstverständlich. Doch nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation¹ erkrankt Jahr für Jahr fast jeder zehnte Mensch weltweit – also schätzungsweise 600 Millionen Personen – nach dem Verzehr kontaminierter Lebensmittel, was zu der erschütternden Zahl von 420.000 Todesfällen führt. Unsichere Lebensmittel, die schädliche Bakterien, Viren, Parasiten oder chemische Verunreinigungen enthalten, können kurz- oder längerfristig mehr als 200 verschiedene Krankheiten verursachen. Diese Krankheiten reichen von Durchfall (am häufigsten) über Meningitis und sogar bis hin zu Krebs.

Globalisierung, Nahrungsmittelketten und Verbrauchererwartungen

Die Industrialisierung der landwirtschaftlichen Praktiken zur Deckung des Bedarfs an Nahrungsmitteln für eine schnell wachsende Weltbevölkerung hat die Herausforderungen an die Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit noch weiter erhöht.  Die zunehmende Reisetätigkeit und andere Aspekte der Globalisierung haben ebenfalls zu einer steigenden Nachfrage der Verbraucher nach immer mehr verschiedenen Lebensmitteln geführt. Dadurch entstehen lange Liefer- und Transportketten für Nahrungsmittel, die sich über mehrere Grenzen hinziehen, was die Bemühungen um die Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit vom Erzeuger bis zum Verbraucher zusätzlich erschwert. 

Wir alle können Verantwortung für die Lebensmittelsicherheit übernehmen

Lebensmittel können jederzeit während der Handhabung, der Verarbeitung oder des Transports kontaminiert werden. Die Herstellung von Zwischen- und Endprodukten auf der Grundlage komplexer Rezepturen, die verschiedene Rohstoffe und Zutaten enthalten, kann diverse Verarbeitungsstufen und Transporte zwischen Fabriken umfassen, bevor die fertigen, verpackten Produkte an Verkaufsstellen wie Geschäfte und Restaurants sowie an unsere Haushalte geliefert werden, die alle ebenfalls potenzielle Kontaminationsquellen darstellen. Wie die WHO weiter feststellte, liegt die Hauptverantwortung für die Kontaminationsprävention zwar bei den Lebensmittelherstellern, doch kann jeder von uns dazu beitragen, dass Lebensmittel sicher sind, denn eine gute Zusammenarbeit zwischen Regierungen, Herstellern und Verbrauchern trägt zur Gewährleistung der Lebensmittelsicherheit bei.”

Mikrobiologische Kontrolle

Aus der Perspektive der Industrie geht es bei der Gewährleistung der Sicherheit in der Produktion von Milch- und Lebensmittelzutatenpulvern vor allem um die mikrobiologische Kontrolle. Ganz wichtig ist hierbei, dass die Hersteller strenge Vorschriften und Richtlinien für die sichere Handhabung und Verarbeitung von Lebensmitteln einhalten. So kann eine Kontamination der Produkte durch Mikroorganismen oder andere physikalische Verunreinigungen verhindert werden, die uns krank machen oder die Produktmerkmale und -eigenschaften wie Geschmack, Konsistenz oder Haltbarkeit beeinträchtigen könnten. 

Hygienekomponenten und intelligente Lösungen

Hier bei GEA arbeiten unsere Experten seit Jahrzehnten an der Entwicklung und Konfiguration von Hygienekomponenten, Anlagen und intelligenten Technologien, die dazu beitragen, das Kontaminationsrisiko in den kritischen Phasen der Milchpulververarbeitung und -handhabung zu minimieren. Seien es Erhitzungssysteme, die die Temperatur schnellstens auf einen Wert bringen, der höher liegt als der, bei dem Bakterien am ehesten gedeihen, oder auch spezialisierte Beraterdienste für die Überwachung des sicheren Betriebs von Anlagen: Unsere Produkte und unser Know-how helfen Milchpulver-Herstellern auf der ganzen Welt dabei, zu garantieren, dass ihre Prozesse zu qualitativ hochwertigen, sicheren und nahrhaften Lebensmitteln für alle führen.

Die Herstellung von Ernährungsformeln in Pulverform für Säuglinge oder Erwachsene, beispielsweise, umfasst mehrere Prozessschritte – wie unten dargestellt – und damit auch die entsprechenden Risikopunkte für eine mögliche Kontamination. 

Beispiel einer GEA-Prozessanlage für Ernährungsformeln
Prozessanlagen für Ernährungsformeln

Hygienisches, modernes Anlagendesign und gründliche, automatisierte Reinigungssysteme nach dem CIP-Verfahren sind wichtig, um eine Kontamination durch Mikroorganismen in jeder Phase zu verhindern.GEA hat außerdem Pionierarbeit bei der Entwicklung innovativer Konzepte für die Prozesssicherheit geleistet, die dazu beitragen können, das Risiko einer Verunreinigung an einigen der häufigsten Gefahrenpunkte in der Verarbeitung zu minimieren.

Auf die Temperatur kommt es an

Z:B. Ist die Verdampfung ein Schritt in der Milchpulververarbeitung, bei dem das flüssige Produkt durch den Entzug von Wasser konzentriert wird, um den Feststoffgehalt zu erhöhen. Dieser Vorgang wird meistens vor der Lagerung des Produkts bzw. seiner Weiterleitung an einen Sprühtrockner durchgeführt. Der Verdampfungsprozess umfasst in der Regel einen Vorbehandlungsschritt durch Erhitzen, gefolgt von Wärmebehandlung, Verdampfung, Abscheidung und Nachbehandlungsschritten. Doch während hohe Hitze Bakterien abtötet, können niedrigere Hitzegrade das Wachstum schädlicher oder produktverschmutzender Bakterien fördern. In Platten-Wärmeübertragungssystemen, die heute in Verdampfern für Molkereiprodukte verwendet werden, kann es Zonen geben, die genau die richtige Temperatur haben, um das Bakterienwachstum und die Sporenbildung zu fördern. Und diese Sporen können die anschließende Pasteurisierung überleben. 

Vermeidung von direktem Kontakt

Um dieses potenzielle Risiko einer bakteriellen Besiedlung zu vermeiden, hat GEA ein Direktkontakt-Vorwärmsystem (DCP) entwickelt, das die Temperatur schnellstens auf einen Wert oberhalb jener Temperaturbereiche erhöht, die das Wachstum verschiedener Arten von Mikroben und die Bildung von Bakteriensporen am ehesten fördern. GEA Systeme sind außerdem so konzipiert, dass der Kontakt zwischen Produkt und Oberflächen so weit wie möglich minimiert wird, was das Risiko der Entwicklung von Biofilmen und mikrobiellem Wachstum weiter verringert. Bei unseren Vorwärmsystemen mit Direktkontakt gibt es beispielsweise während der Erhitzungsphase überhaupt keinen Kontakt zwischen Produkt und Oberfläche, so dass das Risiko des Mikrobenwachstums in problematischen Temperaturbereichen minimal sein sollte. 

Direktdampfinjektion

Ebenfalls haben wir eine Reihe von Lösungen für die Pasteurisierung und Hochtemperaturerhitzung entwickelt und bieten diese an. Sie können so konfiguriert werden, dass Hersteller die besten Optionen für ihre Prozesse und Produkte erhalten und das Kontaminationsrisiko minimiert wird. Unsere tangentiale Wirbel-Erhitzungstechnologie beispielsweise erhitzt das Produkt mit Dampf, der direkt in die Flüssigkeit eingespritzt wird. Die Direktdampfinjektion führt zu einer schnellen, gleichmäßigen Erhitzung, ohne dass das Produkt versengt wird. Ein weiterer Vorteil ist die Abwesenheit von Oberflächen, auf denen Bakterien wachsen könnten. 

GEA Lösungen für die Milcheindampfung
Hände weg

Jeder Punkt in einem Prozess, der die manuelle Demontage und Montage von Komponenten zu Reinigungs- oder Inspektionszwecken beinhaltet, kann eine Risikoquelle für die Einbringung von Verunreinigungen darstellen. GEA hat ebenfalls Lösungen erarbeitet, die das Sicherheitsniveau erhöhen können, indem sie manuelle Aufgaben reduzieren. Unser No Intervention Fines Return System (FRS) für Sprühtrockner in der Nahrungsmittel- und Milchindustrie verwendet patentierte Ventile. Diese machen eine eine manuelle Konfiguration vor und nach der CIP-Reinigung an jenen Punkten überflüssig, an denen andernfalls ein Risiko für Leckagen und Verunreinigungen besteht. 

GEA System zur automatischen Rückführung von Feinanteilen

Unsere Experten bei der GEA haben außerdem eine, wie wir meinen, bahnbrechende Innovation entwickelt: abnehmbare Isolierplatten für Sprühtrockner. Hierdurch wird die gründliche Inspektion der Sprühtrocknungskammer auf winzige Risse erleichtert, in denen sich Bakterien und andere Mikroorganismen ansiedeln könnten.Die weite Verbreitung dieser GEA Technologie zeigt, wie wertvoll sie für die Gewährleistung der mikrobiologischen Sicherheit in Sprühtrocknungsanlagen für Nahrungsmittel und Milchprodukte ist. 

Physikalisches

GEA bietet hochmoderne Trennsysteme an, die Bakterien, Sporen und andere Verunreinigungen physikalisch aus den Produkten entfernen und die routinemäßig bei der Verarbeitung von Milchpulver eingesetzt werden. Unsere Zentrifugationssysteme nutzen die Schwerkraft, um Bakterien und Sporen abzuscheiden, während die keramischen Mikrofiltrationsanlagen von GEA Mikroorganismen und andere Verunreinigungen je nach Größe durch speziell entwickelte Filter abscheiden.

Zentrifugation und keramische Mikrofiltration eignen sich in der Milchverarbeitung ideal für die Entfernung von Mikroorganismen – einschließlich hitzebeständiger Bakterien und Sporen –, die die Pasteurisierung überleben können.  Durch die Integration dieser mechanischen Technologien in den Prozess kann die Notwendigkeit einer hohen Wärmebehandlung entfallen, so dass der Nährwert des Produkts erhalten bleibt.

Robotik und Automatisierung

An anderer Stelle in der Anlage können Robotersysteme, die der Produktverarbeitung vor- und nachgelagert sind, manuelle Handgriffe und Eingriffe bei der Annahme von Rohstoffen und Zutaten sowie in der Abfüll- und Verpackungsphase überflüssig machen. In vielen industriellen Prozessen müssen Pulversäcke manuell angehoben und manövriert und dann durch Aufschlitzen mit einem Messer geöffnet werden, um das Pulver zu entfernen. Die mit dieser Methode verbundenen potenziellen Probleme – sowohl im Hinblick auf die Sicherheit des Bedieners als auch auf eine mögliche Verunreinigung des Pulvers – können erheblich sein. Um diese Risiken zu verringern, hat GEA das automatische, robotergestützte HYGiTip-System zum Aufschlitzen und Entleeren von Pulversäcken entwickelt, das den menschlichen Bediener bei dieser Funktion ersetzt.

GEA HYGiTip Sack-Entleerungssystem
Das neue vollautomatische, hygienische Entleerungssystem HYGiTip von GEA für 25-kg-Säcke (Foto: GEA)

Das neue vollautomatische, hygienische Entleerungssystem HYGiTip von GEA für 25-kg-Säcke (Foto: GEA)

Für die Befüllung der Säcke in der Verpackungsphase wurde unsere Pulverabfüll-Technologie mit begrenztem Eingriff (Limited Intervention, LI) entwickelt: Sie garantiert die vollautomatisierte Handhabung der Säcke während des gesamten Befüllungs- und Verschließvorgangs. Der Einsatz des LI-Systems bedeutet, dass das Bedienpersonal die Säcke während der Befüllung nicht berühren muss, was wiederum das Risiko einer Produktkontamination verringert. Für die Abfüllung kleiner Mengen haben wir das halbautomatische Pulverabfüllsystem SmartFil M1 entwickelt, das mit einem versiegelten Abfüllkopf konfiguriert werden kann, um Verunreinigungen zu vermeiden und die Sicherheit des Bedieners zu erhöhen. 

Mikrobiologisches Fachwissen

GEA Sicherheitssysteme sind so konzipiert, dass sie sich in die Prozesse unserer Kunden einfügen, um Nahrungsmittelsicherheit, Effizienz und Reproduzierbarkeit zu fördern. Wir arbeiten mit Hand in Hand mit unseren Kunden, um die besten Sicherheitslösungen für ihre jeweiligen Prozesse und Produkte zu entwickeln. Wichtig ist dabei, dass wir den gesamten Prozess von Anfang bis Ende betrachten, so dass jede einzelne Produktionskomponente unter dem Gesichtspunkt der Lebensmittelsicherheit berücksichtigt werden kann. Unsere hausinternen Experten für Mikrobiologie arbeiten mit spezialisierten Technikern zusammen, um die besten Lösungen für die einzelnen Kunden von Fall zu Fall zu definieren.

Spezialisierte Dienstleistungen nach Maß

Unsere Partnerschaft mit den Kunden endet nicht mit der Installation der GEA Systeme. Wir haben GEA SAFEXPERT® entwickelt – eine Reihe von Diagnose- und Beratungsdienstleistungen, die den Kunden einen vollständigen Überblick über alle ihre Prozesse geben, um die Produktion zu überwachen und zu optimieren und insbesondere die Lebensmittelsicherheit zu unterstützen – jeden Tag.

Mit dem GEA SAFEXPERT®-Service erhalten Kunden einen vollständigen 360-Grad-Check und einen Bericht über ihre Anlagen, mit Empfehlungen für die Wartung und CIP-Optimierung, die zur Vermeidung von Kontaminationen beitragen. Die GEA SAFEXPERT® Dienstleistungen zur mikrobiologischen Umweltüberwachung und Validierung können ebenfalls dazu beitragen, die Ursache bestehender Verunreinigungen zu diagnostizieren und Vorschläge zur Beseitigung und Vermeidung einer zukünftigen Kontamination zu machen. 

Die Spirale der Produktrückrufe

Eine vermutete oder festgestellte mikrobiologische Kontamination in Milchpulverfabriken ist ein ernstes Problem, das Betriebsstilllegungen und potenziell langwierige, teure Untersuchungen und Abhilfemaßnahmen nach sich zieht. Produkte, die an dem betroffenen Standort hergestellt wurden, müssen u.U. zum Schutz der Verbraucher aus den Supermarktregalen zurückgerufen werden, was wiederum eine Verunsicherung der Öffentlichkeit zur Folge hat. In einigen Fällen können die Rückrufe sogar zu landesweiten Versorgungsengpässen führen, bis das Kontaminationsproblem behoben ist und die Aufsichtsbehörden zu dem Schluss kommen, dass die Anlage die Produktion sicher wieder aufnehmen kann.

Und wenn die betroffenen Produkte – z. B. Milchpulver – als Inhaltsstoffe von Drittherstellern in loser Schüttung vertrieben werden, verschlimmert sich die Situation noch weiter. Dann müssen auch die Endprodukte, die die kontaminierten Zutaten enthalten, zurückgerufen werden. Die Kontaminationsrisiken wirken sich also nicht nur auf die Verbraucher und die betroffenen Betriebe aus, sondern können auch schwerwiegende wirtschaftliche Folgen für die Hersteller haben, die kontaminierte Produkte in ihren eigenen Rezepturen verwenden.
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