23 Aug 2019
Im Interview erklärt Sören de Boon, Head of Supply Chain & Production bei GEA in Suzhou, weshalb GEA sich für den Bau der neuen Produktionsanlage entschieden hat und wie diese Maßnahme zur Optimierung des weltweiten Fertigungsnetzwerks von GEA beiträgt. Wir schauen gemeinsam hinter die Kulissen, wie das Werk lokale und regionale Kunden unterstützt und gleichzeitig einen attraktiven Arbeitsplatz in einer der lebenswertesten Städte Chinas bietet.
Antwort: Im Zuge des Roll-outs der globalen Optimierungsstrategie des Produktionsnetzwerks fiel im Januar 2019 der Startschuss für das Projekt „Sunrise“ und hiermit ebenfalls der Bauarbeiten für den neuen Standort von GEA Flow Components in Suzhou. Nach der Fertigstellung und rechtlichen Übernahme des Gebäudes haben wir die gesamte mechanische Bearbeitung und die Montage von hygienischen Ventilen und Pumpen sowie die damit verbundenen Supply-Chain-Aktivitäten von Shanghai nach Suzhou verlagert. Das war im November 2018.
Ausschlaggebend für dieses Projekt war die Tatsache, dass unsere Flow-Components-Produktion zuvor in einer angemieteten Lokalität in Shanghai untergebracht war. Unser ursprüngliches Gebäude wurde abgerissen, die neue dreigeschossige Alternative erwies sich aus Produktions- und Logistikperspektive als ungeeignet für uns. Und dass wir mit Kapazitätsengpässen rechnen müssten, zeichnete sich schon Anfang 2018 ab. Das Risiko erhöhte sich, dass sich diese lokalen Gegebenheiten negativ auf unser Geschäft auswirken könnten. Außerdem verfolgte GEA zeitgleich das Ziel, sein weltweites Produktionsnetzwerk zu optimieren. Im Zuge dessen war die Verlagerung dieser Aktivitäten nach Suzhou also ein wichtiger Schritt: GEA möchte in China mit zwei multifunktionalen Standorten vertreten sein, an denen mehr als nur ein Produkttyp gefertigt wird – und zwar in Tianjin und in Suzhou.
Das neue Werk in Suzhou hat eine Fläche von 12.000 Quadratmeter für die Produktion und 1.320 Quadratmeter für Büros. Es wurde nach unseren Vorgaben gebaut und mit modernsten Materialien und Versorgungstechnologien ausgestattet, damit wir den Energieverbrauch und die Gesamtbetriebskosten verringern können. Die Fabrik steht direkt neben dem Kompressorenwerk von GEA Bock, das für unser Geschäft mit Komponenten für Kühlanlagen sehr wichtig ist. Deshalb sprechen wir auch von einem multifunktionalen Standort. Unsere neue Heimat ist der Suzhou Industrial Park (SIP), einer der wirtschaftlich erfolgreichsten Industrieparks in China, wenn nicht sogar weltweit. Der SIP ist für seine hochmoderne Infrastruktur bekannt – ein ideales Umfeld, um weiteres Geschäft zu entwickeln.
– Soeren de Boon, Head of Supply Chain & Production bei GEA in Suzhou, China
Antwort: Durch diesen Schritt sind wir jetzt in der Komponenten-Fertigung besser aufgestellt als früher in Shanghai. Weil wir im SIP eine multifunktionale Produktionsstätte unterhalten, können wir Synergien heben und einige Funktionen konsolidieren. Gleiches gilt für unseren Standort Tianjin, wo GEA unter anderem Separatoren, Dekanter und Walzmühlen zur Pastaherstellung baut.
In Suzhou lassen sich viele unserer administrativen Funktionen straffen – darunter das Facility-Management, Gesundheitsschutz, Arbeitssicherheit und Umweltschutz, das Lean-Management, das Supply-Chain-Management und die IT. Unsere Mitarbeiter bei GEA Flow Components, in der Produktion von Bock sowie mit Supply-Chain-Aufgaben sind zum Großteil bereichsübergreifend aufgestellt. Folglich können wir flexibel reagieren, wenn einmal bei den Komponenten für die Flüssigkeitsverarbeitung oder bei den Verdichtern die Arbeitsauslastung schwanken sollte. Als Eigentümer des Werks haben wir es in der Hand, unsere Kostenstruktur mittel- bis langfristig zu optimieren.
Die neue Fabrik in Suzhou war im Großen und Ganzen ein Greenfield-Projekt. Deshalb hat GEA die Gelegenheit genutzt, um in energiesparende Baustoffe und Versorgungstechnik zu investieren. Dazu gehörten unter anderem die Installation von LED-Lichttechnik mit individueller Steuerung für die Produktionshalle, eine solare Warmwasseraufbereitung und auch Wärmetauscher für die Heizungs-, Lüftungs- und Klima-Anlage in den Büroräumen.
Antwort: Wir konnten ungefähr die Hälfte der Belegschaft halten, sowohl Büro- als auch Produktionsmitarbeiter. Das ist mehr, als wir erwartet hatten. Denn es ist nicht ungewöhnlich, bei einem Umzug von einer „Tier-1-Stadt“ in eine „Tier-2“- oder „Tier-3-Stadt“, einen Großteil der Mitarbeiter zu verlieren. Die Chinesen ordnen ihre Ballungszentren nach sogenannten „Tiers“ ein, das entspricht ungefähr dem Grad der Lebenswertigkeit. Ich denke, das spricht für GEA und unsere Unternehmenskultur, vor allem aber für unsere langjährigen Mitarbeiter und das starke mittlere Management. Für die Kollegen, die beim Unternehmen bleiben, aber ihren Wohnort nicht wechseln wollten, beträgt die Fahrzeit circa 30 Minuten mit dem Schnellzug und gut eine Stunde mit dem Auto. Das gibt ihnen eine gewisse Flexibilität.
Roboteranlage für die Fertigung von Flanschanschlüssen am GEA Standort für Flow Components in Suzhou, China.
Antwort: Wir bieten im Werk in Suzhou eine professionelle, zeitgemäße und hochwertige Arbeitsumgebung mit modernster digitaler Infrastruktur. Es gibt Großraum- und Einzelbüros, voll ausgestattete Besprechungsräume und Schulungsräume.
Der klimatisierte Produktionsbereich wurde speziell für die Herstellung von Pumpen und Ventilen konzipiert und gebaut. Materialien und Maschinen sind direkt zugänglich, der gesamte Aufbau basiert im Wesentlichen auf Lean-Prinzipien. So tragen kontinuierliches Lernen und Methoden wie Shop-Floor-Management, Wertstromanalyse und Wertstromdesign dazu bei, die Prozesse zu optimieren und Verschwendung zu minimieren – wodurch wir wiederum effizienter werden, schneller liefern und Kosten senken können.
– Soeren de Boon, Head of Supply Chain & Production bei GEA in Suzhou, China
Antwort: Unsere Niederlassung in Bangalore bedient in erster Linie den indischen Markt, aber auch einige benachbarte Länder. Suzhou fungiert unter anderem als interner Lieferant für Bangalore – das gilt sowohl für die die Flow Components als auch für die Bock-Kompressoren. Weil beide Standorte teils die gleichen Produkte herstellen, stehen sie natürlich auch in regelmäßigem Kontakt. Unsere Mitarbeiter tauschen sich regelmäßig aus und teilen ihre Best Practice miteinander. So profitieren beide Seiten.
Natürlich gibt es in puncto Zusammenarbeit noch Verbesserungspotenzial, etwa mit Blick auf Arbeitsgruppen, den globalen Einkauf und die Produktionsoptimierung. Diesen Punkten werden wir uns in Zukunft noch intensiver widmen.
– Soeren de Boon, Head of Supply Chain & Production bei GEA in Suzhou, China
Antwort: Ob wir Maßstäbe gesetzt haben, weiß ich nicht, aber uns ist die Produktionsverlagerung wirklich reibungslos gelungen. Zum Beispiel waren wir sehr schnell und immer im Plan – das ist für so ein Großprojekt nicht selbstverständlich: Die Bauarbeiten liefen seit November 2017 genau ein Jahr – wie geplant. Der Umzug von Shanghai nach Suzhou ging im November 2018 über die Bühne. Nach nicht einmal zwei Wochen war die gesamte Produktion wieder in vollem Gange. Die Serienfertigung nahm sogar nach nur sieben Tagen wieder den Betrieb auf. Wir haben das Projekt budget- und termingerecht realisiert – und das bei einer Qualität, die nicht nur unseren eigenen sehr hohen Standards entspricht. Wir erfüllen auch die regionalen und internationalen Sicherheits- und Umweltvorschriften.
Solche Großprojekte durchzubringen, fordert große internationale Unternehmen durchaus heraus – insbesondere dann, wenn die Teammitglieder aus verschiedenen Ländern, Organisationseinheiten und von unterschiedlichen Produktionsstandorten kommen. Ich wünsche mir natürlich, dass das Projekt Sunrise bei GEA als Benchmark für künftige strategische Projekte im Fertigungsnetzwerk dient. Soweit ich weiß, werden unsere Ansätze und Methodiken bereits an anderer Stelle bei GEA übernommen und umgesetzt.
Das Sunrise-Projektteam und auch ich persönlich unterstützen anderen GEA Teams aktiv. Wir geben das Wissen, das wir uns in diesem mehrjährigen Prozess angeeignet haben, gerne an die Kollegen weiter. Darauf dürfen wir stolz sein.