10 Mar 2020
Biopestizide stammen aus erneuerbaren Quellen wie Pflanzen, Tieren und Bakterien und werden zur Bekämpfung von Unkraut, Krankheitserregern und Schädlingen eingesetzt. Sie sind weniger toxisch als synthetische Pestizide und in kleineren Mengen wirksam; sie zersetzen sich schnell und zielen besser auf spezifische Schädlinge ab als Breitspektrum-Pestizide, die oft schädliche Folgen für Vögel, Insekten und die Umwelt allgemein haben.
Strengere Kennzeichnungs- und Pestizidgesetze fordern eine Schädlingsbekämpfung ohne Sicherheitsfristen zwischen Anwendung und Ernte sowie ohne Pestizidrückstände. Biopestizide machen derzeit zwar nur fünf Prozent des gesamten Pflanzenschutzmarktes weltweit aus, doch erwartet man, dass ihnen eine wichtige Rolle dabei zukommt, diese Anforderungen zu erfüllen und in der Zukunft für eine ausreichende Ernährungssicherheit auf der Welt zu sorgen.
Ein wesentliches Hindernis dafür, dass Biopestizide an Bedeutung gewinnen, besteht laut Befürwortern darin, dass sie oft mit synthetischen Varianten verglichen werden, obwohl es grundlegende Unterschiede gibt – hinsichtlich der Zulassung, Einführung und Funktionsweise.
Im Gegensatz zu dem streng regulierten, langen und teuren Weg, synthetische Lösungen auf den Markt zu bringen (ca. zwölf Jahre), folgen Biopestizide eher einem agilen, umlagefinanzierten Modell. Sie werden oft bereitwillig getestet, durchlaufen eine schnellere Abfolge von Probeeinsätzen und werden dabei optimiert.
Sind neue Produkte endlich verfügbar, werden die Einführungen von synthetischen Produkten in der Regel durch große Marketingbudgets und engagierte Distributoren beschleunigt. Biopestizide hingegen haben es ungleich schwerer, nicht selten werden sie direkt abgelehnt: zu gering die Gewinnmarge, zu hoch die Kosten, die Anwendung angeblich zu kompliziert, die Einsatzmöglichkeiten nur eingeschränkt. Auch ist die tendenziell schnellere und inkonsistentere Zersetzung von Biopestiziden kein gutes Verkaufsargument gegenüber Landwirten, die selbst nur sehr wenig praktische Erfahrung mit solchen natürlichen Pflanzenschutzmitteln haben.
Ein Knackpunkt für Landwirte ist, dass synthetische Pestizide dank starker chemischer Wirkstoffe Schädlinge normalerweise sofort töten, während dies bei Biopestiziden einige Tage dauert. Manche Methoden nutzen sogar andere Insekten als Übergabemechanismus, zum Beispiel Bienen, um einen gutartigen Pilz auf Erdbeerpflanzen zu verbreiten, oder Insektenpheromone, um Schädlinge zu verwirren, indem sie beispielsweise ihre Paarungsmuster stören. Keine dieser Methoden hat in der industriellen Landwirtschaft Anklang gefunden.
Einige Biopestizide wurden sogar für den kombinierten Einsatz mit synthetischen Produkten entwickelt. Viele Länder erlauben Bioerzeugern immer noch, kleine Mengen synthetischer Pestizide zu verwenden, um profitable Erträge zu erzielen. Dies führte teilweise dazu, dass Biopestizide nicht als „eigenständige“ Alternative gesehen werden. Das ist einer der Gründe, warum Biopestizide so missverstanden werden:
Viele sind nämlich am wirksamsten, wenn sie in einem integrierten Pflanzenschutzprogramm eingesetzt werden.
Trotzdem wächst die Biopestizidbranche durch die erhöhte Nachfrage nach Bionahrungsmitteln und auch durch verschärfte Gesetze für synthetische Pestizide.
Obwohl in Europa sehr strenge Pestizidgesetze gelten, sind dort weniger biopestizidaktive Substanzen registriert als in den USA, Indien, Brasilien oder China. Dies liegt am langwierigen Registrierungsprozess, der im Durchschnitt sieben Jahre im Vergleich zu zwei Jahren in den USA dauert.
Man erwartet, dass Biopestizide bis 2050 mit synthetischen Stoffen gleichziehen, und dabei werden Forschungsmittel, unterstützende Prozesse und Rechtsvorschriften eine wichtige Rolle spielen. In den USA und Australien beispielsweise sind die Mittel für die Biokontrollforschung gesunken, während in Europa, Brasilien, China und Indien das Gegenteil zutrifft. Nimmt man die agrochemische Industrie jedoch als Indikator, dann sind die Übernahmen und Fusionen der letzten Jahre klare Hinweise dafür, dass die großen Akteure auf eine erhöhte Biopestizidakzeptanz zählen.
Das häufigste Biopestizid ist das Bakterium Bacillus thuringiensis (Bt), das in Schädlingen nach der Aufnahme giftige Kristalle produziert, sodass sie nach ein bis zwei Tagen sterben. Seit den 1930er Jahren ist es bei Biolandwirten in Sprühanwendungen beliebt, während sich viele Großbetriebe der genverändernden Form zuwenden, bei der die Codes, die das giftige Bt-Kristall produziert, bei Mais, Baumwolle, Soja oder Auberginen in das Saatgut integriert werden.
Obwohl das Bt dadurch später nicht angewendet werden muss und kein Zersetzungsrisiko durch Sonne und Wasser besteht, lehnen einige Länder genverändertes Saatgut ab, weil sie es für unsicher oder zumindest ungetestet halten.
Heute gibt es Tausende von Bt-Stämmen und Bt ist der Hauptbestandteil von etwa drei Vierteln aller Biopestizide. Jedoch haben mehrere Insekten inzwischen eine Resistenz dagegen entwickelt.
- Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen über das Recht auf Nahrung, Bericht 2017
Für eine ausreichende Ernährungssicherheit in der Zukunft muss laut Experten mehrgleisig verfahren werden. Ein Ansatz besteht darin, in der Landwirtschaft die Vielfalt wieder einzuführen und sich von Monokulturen zu entfernen. So können wir den Einsatz schädlicher Pestizide reduzieren und die Natur wieder arbeiten lassen, zum Beispiel indem Schädlinge durch andere Insekten bekämpft werden. Eine größere Vielfalt an Pflanzen und Tieren hilft, das Resistenzproblem zu minimieren. Das heißt, wenn wir ein (Bio-)Pestizid einsetzen müssen, hat es bessere Wirkungschancen.
Gleichzeitig könnten Nanoformulierungen (unter Kontrolle einzelner Atome und Moleküle) und Mikroverkapselung – so die Wissenschaftler – die Stabilität und Wirksamkeit von Biopestizidprodukten verbessern und damit ihren Einsatz fördern. Mikroalgen-Biomasse enthält auch wertvolle Verbindungen für Biopestizide, die zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten geeignet sind – bisher sind jedoch keine Biopestizidprodukte auf Algenbasis auf dem Markt.
Da die Weltbevölkerung bis 2050 schätzungsweise 9,8 Milliarden betragen wird, haben Ernährungssicherheit und –produktion weltweit höchste Priorität. Alle Beteiligten müssen zusammenarbeiten, um nachhaltigere Landwirtschaftsmethoden und -produkte zum Erfolg zu führen – dazu gehören Biopestizide, denen Landwirte und Verbraucher vertrauen.
GEA und mehrere Partner aus Wissenschaft und Wirtschaft in der EU arbeiten gemeinsam an dem Projekt SABANA Sustainable Algae Biorefinery for Agriculture and Aquaculture.* Seit 2016 entwickelt das Team eine große integrierte Bioraffinerie auf Mikroalgenbasis zur Herstellung von Mehrwertprodukten für den Einsatz in Landwirtschaft und Aquakultur, nämlich Futtermittel und Futtermitteladditive, Biostimulanzien, Biodünger und Biopestizide.
SABANA, eine EU-finanzierte Initiative von Horizon 2020, wird von der Universität von Almeria in Spanien geleitet, wo das Team die technische, ökologische und soziale Machbarkeit der Herstellung von wertvollen Algenbioprodukten unter ausschließlichem Einsatz von Meerwasser und Abwasser als Nährstoffquelle demonstriert. In einem ein Hektar großen Demozentrum, das 2018 in Almeria gebaut wurde, und einer für 2020 geplanten fünf Hektar großen Produktionsanlage soll ein Null-Abfall-Prozess erreicht werden.
Im Biopestizid-Teilprojekt geht es um das Züchten, Testen und Verarbeiten von Algenstämmen mit antimikrobiellen Wirkstoffen, die gegen verschiedene Pflanzenpathogene wirken. Um die empfindliche Biomasse zu verarbeiten, lieferte GEA Know-how und Anlagen wie Zentrifugen für die Ernte und Konzentration der Mikroalgen, Homogenisatoren für den Zellaufschluss und einen Sprühtrockner für die Biomassetrocknung, damit die Wirkstoffe dann getestet werden können. Die Projektergebnisse werden Ende 2021 vorliegen.
GEA MOBILE MINOR® R&D Sprühtrockner. Dieses flexible und einfach zu handhabende Modell ist in den F&E-Abteilungen vieler führender Hersteller, unabhängiger Forschungsinstitute und Universitäten weltweit zur Standardausrüstung geworden.
* Dieses Projekt wurde durch das EU-Forschungs- und Innovationsprogramm Horizont 2020 im Rahmen der Fördervereinbarung Nr. 727874 finanziert.